Mein Kiez – mein Leben – hier wohne und kaufe ich
01/11/2018
Mein Kiez - mein Leben - hier wohne und kaufe ich
Geschrieben von: new business, S. 32 ff.; 1.11.2018
Das unmittelbare Umfeld gewinnt für viele Menschen immer mehr an Bedeutung. Hier wollen sie abgeholt werden – auch medial. Daher bieten regionale Tageszeitungen für ihre Leser besondere redaktionelle Nutzwert-Themen im Lifestyle-, Freizeit- oder Ratgeber-Bereich an. Zur Bedeutung dieser Umfelder äußern sich drei Media-Expertlnnen.
new business: Redaktionelle Umfelder können eine positive Wirkung der Werbemittel erreichen. Welche Themen-Umfelder sind bei den regionalen Tageszeitungen
besonders attraktiv?
Esther Busch, Geschäftsführerin Mediaplus Geo lntelligence, Köln: Regionale Tageszeitungen sind immer noch der inhaltliche Seismograph vor Ort. Hier werden die Lebenswelten der Menschen ganz nah an ihrem Zuhause widergespiegelt. Die regionale Tageszeitung ist sozusagen die Speerspitze der relevanten Themen vor Ort. Für Kunden müssen die Umfelder jeweils auf die Lebenswelten ihrer Zielgruppen abgeglichen werden. Alles, was das Leben vor Ort darstellt, eignet sich entsprechend als Umfeld
für die Kunden und ist individuell. Dabei können Lifestyle-Themen, Reisen, Wochenendaktivitäten oder Spezialwissen relevant sein. Kern der Betrachtung ist die Lebenswelt der Zielgruppe des Kunden.
Cornelia Lamberty, Geschäftsführerin moccamedia, Trier: moccamedia hat sich auf regionale abverkaufsorientierte Mediaplanung spezialisiert. Dies bedeutet, dass all unsere Werbemittel mit einem namentlichen Absender aus der Region versehen sind und wir die einzelnen Kampagnen in vordefinierten Geokorridoren ausrollen. Dabei setzen wir auf die Kombination von regionalem Content und der regionalen Adresse. Auf den lokalen News-Seiten platzierte Werbemittel rufen noch einmal mehr beim Leser das Gefühl von Heimat hervor. Damit können wir im Unterbewusstsein der Zielgruppe
die Botschaft “Mein Kiez – mein Geschäft – der ist wie ich und versteht mich” platzieren. Eine generelle Aussage, welche Themenumfelder besonders attraktiv sind, gibt es also nicht. Wie immer hängt es ganz klar von der Werbeaussage ab. Grundsätzlich gibt es aber Rubriken, die mehr gelesen werden als andere. Für unseren Schwerpunkt, die regionale abverkaufsorientierte Mediaplanung sind die Umfelder mit der höchsten Aufmerksamkeit in den regionalen Tageszeitungen die Lokalseiten. Denn, Studien haben gezeigt, dass Leser regionaler Zeitungen die lokalen News am intensivsten wahrnehmen und hier die längste Verweildauer haben. Auch rufen lokale Nachrichten positive Emotionen hervor, was zur Folge hat, dass Inhalte lebhafter und zusagender im Gedächtnis gespeichert werden. Überregionale News sind für diese Zielgruppe minderrelevant, da das aktuelle weltpolitische Geschehen schon über andere, schnellere Kanäle verbreitet worden ist. Hier haben Tageszeitungen, besonders regionale, meistens nur Repeat-Funktionen. Unsere Aufgabe ist folglich, die Werbemittel unserer Kunden in den Teil der Regionalseiten einzugliedern, bei denen kontextbezogen die relevantesten Übereinstimmungen bestehen.
Andreas Törpel, Geschäftsführer OMD Düsseldorf: Die Eignung eines redaktionellen Umfelds hängt in erster Linie von der Art des beworbenen Produkts oder der Dienstleistung ab. Hier sind bei entsprechender Passung positive Verstärker für die Werbung durch die Redaktion erzielbar: Wenn ein Leser sich mit bestimmten thematischen Inhalten beschäftigt, ist der Boden für seine Aufnahmebereitschaft dazugehöriger Botschaften und Impulse bereitet. Hier kommt dem Werbungtreibenden auch die hohe qualitative Stellung der Tageszeitung bei ihrem Leser zugute, wodurch Anzeigen eher als “Leserinformation” bewertet werden. Wenn die gelesenen redaktionellen Inhalte noch die Relevanz für die werbliche Botschaft erhöhen ist es, umso besser für alle Beteiligten. Im Zuge der Zeitgeist-Entwicklung in den letzten Jahren haben lokale/regionale Themen generell an Bedeutung für Leser gewonnen. Hier können die Verlage natürlich auf einer breiten Klaviatur spielen, um ihre Stellung als Heimatanker zu festigen. In dem Kontext eingebundene Werbung hat positive Ausstrahleffekte für jeden Anzeigenkunden, dessen Unternehmen einen Bezug zur Region besitzt. Eine aktive Schaffung geeigneter Umfelder liegt in dem Ansatz, wenn Tageszeitungen sich durch die kontinuierliche Darstellung und Auseinandersetzung als Kompetenz-Center für einen speziellen Themenbereich positionieren. Dieser Themenbereich kann, muss aber nicht zwingend einen wirtschaftlich-sozialen oder geografischen Bezug zur eigenen Region aufweisen. Auch generalistische Felder aus allen Lebensbereichen (z.B. Gesundheit & Fitness) sind denkbar. Dies bietet für Anzeigen-Inserenten eine ideale Plattform, da über die Verlagskompetenz Transfers auf die eigenen beworbenen Inhalte zu erwarten sind.
nb: Viele regionale Zeitungen sind heute auch als Veranstalter von Messen (Auto, Ausbildung, Freizeit/Hobby, Reisen, etc.) bzw. Kongressen oder Tagungen aktiv. Wie bewerten Sie diese Ausweitung der geschäftlichen
Aktivitäten?
Cornelia Lamberty: Sinkende Auflagenzahlen und schrumpfende Werbespendings sind für Verlage eine der größten Herausforderungen, wenn es um das wirtschaftliche Überleben geht. Sich also nach neuen Geschäftsfeldern umzugucken, halte ich nicht nur für legitim, sondern für eine Notwendigkeit. Messen und Tagungen zu veranstalten und diese zu vermarkten, ist wirtschaftlich eine sehr clevere Idee. Wir als Mediaagentur können hiervon nur profitieren, schaffen Verlage doch durch Sonderdrucke noch einmal Werbeumfelder, die nicht nur regionalen Bezug haben, sondern auch monothematisch sind. Tageszeitungen werden als vertraut, als unabhängige und seriöse Empfehler wahrgenommen, dieses Image nutzen wir um die Brand Awarness zu steigern. Dies ist für viele Werbekunden sehr reizvoll.
Andreas Törpel: Die Entwicklung und der Ausbau von neuen Geschäftsfeldern sind für die Zeitungsverlage aus zwei Gründen ein absolutes Muss:
• Um die finanzielle Lücke zu verkleinern, die durch bröckelnde Umsätze im Kerngeschäft Print entstanden ist, und Wachstumsstandbeine zu etablieren.
• Um das Verlags- respektive Medienhaus als kompetenten Ansprechpartner und Lebensberater in vielfältigen Bereichen für die eigene Region aufzustellen. Dies gilt sowohl in Richtung Bevölkerung als auch in der Wahrnehmung von Werbungtreibenden. Durch eine Ausdehnung der Produkte und Dienstleistungen in Verbindung mit einer klaren Positionierung als Regions-Marke Nr. 1 sind positive Ausstrahleffekte sowohl im Vertriebsbereich als auch im Werbemarkt verknüpft. Dies ist für alle Zeitungsverlage hinsichtlich ihrer Zukunftsgestaltung der Weg in die richtige Richtung.
Ester Busch: Das ist mehr als logisch und ich finde das nur smart. Bei den TZ arbeiten Experten in den jeweiligen Redaktions-Units. Warum sollte dieses Know-how nicht mehrfach verwertet und ausgebaut werden? Das kommt am Ende dann auch wieder den Lesern zugute und vertieft Wissen bzw. stellt es auf eine breitere Basis. Daraus können dann auch wieder Themenumfelder entstehen.
Die Fragen stellte Peter Strahlendorf



